„Gerade ist der Markt schwierig“. Liest man Aussagen wie diese nicht laufend in aktuellen Börsenkommentaren? Krieg, überschießende Inflation, Zinserhöhungen, Konflikte zwischen den USA und China: Gründe, warum man gerade nicht investieren sollte, finden sich zuhauf. Durch die Allgegenwärtigkeit von Informationen werden negative Nachrichten zudem intensiver wahrgenommen als positive Schlagzeilen.

Dies kann dazu führen, dass Anleger ihre Entscheidungen in Vermögensfragen aufgrund von Verunsicherung lieber vertagen oder den Kapitalmarkt ganz meiden. Spiegelt sich diese negative Erwartungshaltung auch in der tatsächlichen Entwicklung der Kapitalmärkte seit Jahresbeginn wider? Es mag überraschen, doch trotz der durchwegs negativen Pressemeldungen haben sich die Börsen im ersten Halbjahr 2023 weltweit deutlich besser entwickelt als gemeinhin prognostiziert. Manche Indizes erreichten sogar neue Höchststände, darunter auch der Deutsche Aktienindex DAX. Kognitive Verzerrungen bei Anlageentscheidungen sind absolut menschlich und zeigen die Schwierigkeit auf, in der Praxis nach rein rationalen, ökonomischen Gesichtspunkten zu handeln. Sehen wir uns drei gängige psychologische Fallstricke bei der Vermögensanlage an.

Der „Rückschau-Fehler“ (Hindsight Bias) bewirkt, dass wir Ereignisse im Nachhinein als absolut vorhersehbar einschätzen, obwohl es vor dem Eintritt der Entwicklung viele Unsicherheiten gab. So war es in der letzten Dekade vermeintlich ohne große Risiken möglich, jährlich zweistellige Gewinne an der Börse zu erzielen. Man hätte nur Aktien der Unternehmen Tesla, Microsoft oder Alphabet kaufen müssen. Das Problem dabei ist: vor 10 Jahren war nicht klar, ob Yahoo oder Google das Rennen machen würden und ob sich Elon Musk mit seiner Vision vom Elektroauto jemals durchsetzen würde.

FOMO – Fear Of Missing Out – ist die Angst, etwas zu verpassen. Wenn´s gut läuft, müsse man demnach auch noch auf den Zug aufspringen, selbst wenn der Einstiegszeitpunkt unglücklich ist oder nicht zur eigenen Strategie passt. „Gier frisst Hirn“: diese Erkenntnis ist ein nicht zu unterschätzender Faktor.

„Heimatmarktneigung“ (Home Bias) beschreibt das Phänomen, dass Anleger dem Glauben erlegen sind, sie könnten inländische Unternehmen grundsätzlich besser einschätzen als ausländische Firmen. Objektiv gesehen kann ein Privatanleger die Geschäftsentwicklung der Firma BASF ebenso gut bzw. schlecht bewerten, wie die von Dow Chemical. Trotzdem würden sich deutsche Anleger tendenziell für Aktien der BASF entscheiden, US-Investoren wohl eher für Dow Chemical.

Als professioneller Vermögensverwalter gehört es zu unseren Aufgaben, die hier beschriebenen sowie viele weitere verhaltenspsychologische Fehler an der Börse zu vermeiden und unsere Mandanten auf diese Weise in der langfristigen Umsetzung ihrer Anlagestrategie zu unterstützen.