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In guten wie in schlechten Zeiten, das verspricht sich ein Brautpaar. Auch beim Investieren gehen Anleger und die Börse einen gemeinsamen und nicht immer ganz einfachen Weg miteinander.

Ich habe in den zwei Jahrzehnten, die ich an der Börse aktiv bin, selten eine so turbulente Phase erlebt wie momentan. Tagen mit einer Markterholung folgen heftige Abstürze. Dabei gibt es oftmals kaum Nachrichten, die das starke Hin und Her rechtfertigten. Manchmal sind es geopolitische Themen, dann geben große Unternehmen ihre Gewinne bekannt, warnen, was den Ausblick auf das nächste Quartal angeht, oder es gibt neue Konjunkturdaten. Sobald die Ausblicke negativer werden, werden die Unternehmen abgestraft. Oft fallen die Abschläge im aktuellen Umfeld extremer aus, als dies eigentlich gerechtfertigt wäre.

Keine der Anlageklassen, ob nun Gold, Aktien, Anleihen oder Kryptowährungen, hat positiv mit einer anderen korreliert. Überall ist es mindestens zu temporären Buchverlusten gekommen.

Im Ergebnis macht keine Anlageklasse gerade richtig Freude. Wie in jeder Beziehung ist allzu emotionales Handeln aber in einer solchen Situation gerade nicht empfehlenswert. Vielmehr geht es darum, die Ereignisse und Entwicklungen nüchtern und ohne reißerische Presse einzuordnen.

Ich empfehle trotz der großen Schwankungen in den letzten Wochen nicht zu schwarz zu sehen. Die Geschichte zeigt, dass ein so starker Kursanstieg, wie es ihn an einzelnen Tagen der vergangenen Wochen bereits gab, ein Zeichen dafür sein kann, dass die Talsohle des Bärenmarktes bald erreicht sein könnte.

Liz Ann Sonders, Chefanlagestratege beim US-Finanzunternehmen Charles Schwab, fand heraus, dass der S&P500-Index in den Jahren seit 1960 in elf von vierzehn Fällen nach Tagen, an denen er um mehr als 2,5 Prozent gestiegen war, sechs Monate später deutlich höher stand. Das galt auch Ende 2008, als die Marktvolatilität während der globalen Finanzkrise ihren Höhepunkt erreichte.

Ein Bericht der Bespoke Investment Group zeigt, dass Aktien in den zwölf Monaten nach zwei großen Aufwärtstagen nochmals besser abschnitten. Der S&P 500 stieg demnach ein Jahr nach massiven aufeinanderfolgenden Aufschwüngen um fast 15 Prozent. Verglichen damit liegen die normalen historischen Gewinne bei nur 9 Prozent pro Jahr.

Dennoch zeigen die großen Schwankungen, wie nervös die Anleger momentan sind. Der CNN Business Fear & Greed Index, der die Volatilität des VIX (VIX) und sechs andere Messgrößen für die Marktstimmung berücksichtigt schwankt momentan zwischen Extreme Fear bei 22 (Stand am 12.10.22) und Greed bei 60 aktuell von 100. Die gute Nachricht daran, gerade wenn die Anleger extrem pessimistisch sind, ergeben sich oftmals gute langfristige Kaufgelegenheiten.

Die Märkte werden sich erst wieder normalisieren, wenn die Fed aufhört, die Zinsen zu erhöhen. Es ist also keine große Überraschung, dass der Markt immer wieder dreht und einen Teil der Gewinne der letzten Aufwärtsbewegung wieder abgibt. Hier ist Emotion kein guter Ratgeber.

Spezialisten wie Indrani De, Leiterin des globalen Investment Research bei FTSE Russell, warnt davor, auf die täglichen Marktbewegungen übermäßig zu reagieren. Anleger könnten Erholungen verpassen, wenn sie ständig versuchten, nur dann zu kaufen, wenn sie glaubten, dass der Markt einen Tiefpunkt erreicht habe, und zu verkaufen, wenn die Dinge düster aussähen. „Es geht nicht um das Timing des Marktes“, sagte De. „Es geht um die Zeit am Markt“.

Wie eine gute Ehe ist ein Investment eher eine langfristige Angelegenheit. In guten wie in schlechten Zeiten. Daher ist es wichtig nicht die Emotion in den Vordergrund zu stellen, sondern einen kühlen Kopf zu bewahren und professionell zu reagieren. Wir haben durch unser Research und unseren Erfahrungsschatz den nötigen Abstand und lassen uns nicht von kurzfristigen, manchmal auch medial getriebenen Schwankungen, aus der Ruhe bringen.

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